Schon als Kind war für mich die Schweiz ein Ort vieler Kinderträume. 3-eckige Mandel-Honig-Schokolade, Kakao Pulver in orangener Verpackung mit unverwechselbarem Geschmack und Eisenbahnstrecken über Gebirgszüge und durch Tunnels, die mir auf meiner Minitrix-Spanplatte regelmäßig misslangen.
2008 fuhr ich mich meinem Freund Michel Bövers nach Bern, um das Paul Klee Museum zu besuchen. Noch mehr als die wunderbaren Bilder des Meisters bleiben mir bis heute die kleinen Geschichten in Erinnerung, die wir bei unserem Aufenthalt zum Thema Langsamkeit erleben durften.
Als wir ankamen, wurde ich sofort von dieser unwiderstehlichen Raum-Zeit-Krümmung erfasst, die mich wieder in den Puls und das Tempo meiner Kindheit versetzten. Langsamkeit als Ort der Tiefe, der Freundlichkeit und des ernsthaften Fühlen und Denkens . Ein Junge, der sich bei mir beim Überqueren des Zebrastreifens für das Anhalten mit einer Verbeugung bedankt – eine elegante Dame, die mir eine kurze Führung durch den Supermarkt anbietet, damit ich mich besser zurechtfinde. Noch allerlei anderer solcher Geschichten schloss ich nach der Abfahrt in mein Herz und lagerte sie dort über 10 Jahre.
2019 lernte ich im Rahmen zweier Konzerte die Organisatoren von der Kunst Begegnung Buchegg kennen (www.kunstbegegnungbuchegg.ch). Während des Aufenthaltes bei ihnen spürte ich sofort wieder diese unvergleichliche Langsamkeit, die im Berner Land Menschen und Ereignisse prägt. Wo sonst könnte man einen Mesner finden, der einem detailreich erörtern kann, dass die Brenndauer von Wachskerzen von ihrer jahrzehntelangen Lagerzeit abhängt. Nachdem ich auch bei diesem Besuch einem Schuljungen begegnete, der sich beim Überqueren des Zebrastreifens in der Mitte der Strasse höflich dafür bedankte, dass ich mit meinem Auto anhielt, wurde mir klar, dass ich mich mit dem Zeitempfinden dieses liebenswerten Menschenschlags künstlerisch auseinandersetzen sollte.
Musik im Video
Michel Bövers und meine Wenigkeit komponieren seit Jahren Stücke, die losgelöst von diatonischen oder modalen Gegebenheiten einfach unserem Hörempfinden folgen. Michel ist der Meister der Melodieführung. Ich selbst kann dabei meiner Vorliebe für Reharmonisierung und Arrangement frönen.
Für das Projekt „Makrotiming á la Bern“ habe ich unser Stück „Ionisch 01“ gewählt. Es spiegelt perfekt die Kombination von Langsamkeit und komplexer Rhythmik wider, die ich im Berner Zeitempfinden spüre. Der Song ist im 9/8 Takt kompniert. A – B – und C -Teil sind jeweils 5 Takte lang. Die Betonung im Mikrotiming folgt der Zahlenreihe // 3 – 6 / 4 – 5 / 3 – 6 / 4 – 5 / 3 – 3 – 3 //. Melodie, Chords und BassBass habe ich mit meinen 3 Lieblingsbässen (Fender Precision / Music Man Sting Ray / Esh Sovereign fretless) eingespielt.
Kunst im Video / Erwin Bader und der „naturale- Merwinismus“
„Metall ehrt die Natur – der merwinistische Naturalismus“ – das ist die künstlerische Programmatik von Erwin Bader alias „Merwin“.
Merwin hat mich vom ersten Moment an in den Bann gezogen. Seine metallischen Hommagen an die Natur sind einfach wunderbar. Und sein Schaffensweg steht in direktem Kontakt zur Berner Zeitvorstellung. 40 Jahre reale Metallverarbeitung verlängern die künstlerische Lebensdauer um das Vielfache (www.merwin.ch)
In meinem Video sind zwei weitere Metallblumen von Merwin zu sehen. TIPP TOPP !!
Hier nun endlich das Video – Sprecher meines Textes ist der wunderbare Werner Hildenbrand !